Malerei




Der Maler Max Beckmann(I)

12.4.2023

Dass der Zusammenbruch von Beckmann fast auf den Monat genau 100 Jahre nach der Schlacht von Waterloo nicht weit davon entfernt stattfand, war vielleicht kein Zufall. Sein Urgroßvater konnte seiner Familie von seinem Involviertsein und den erlebten Geschehnissen dort über 50 Jahre lang berichten. Beckmann wusste also wahrscheinlich davon, musste von seiner Mutter davon gehört haben. Und er soll die „Grenzerfahrung“ gesucht haben, obwohl er nicht am Töten selber beteiligt sein wollte. Nach einer „gotischen“ Übergangsphase mit christlichen Motiven spielte „Farbe“ bei Beckmann eine neue Rolle. Bei dieser Übergangsphase denkt man an das erhabene Grau bei El Greco. Die Schlacht bei Waterloo muss durch die farbigen Uniformen bunter gewesen sein als die Schlachten des 1. Weltkrieges. An denen Beckmann ja selber nicht teilnahm. Aber auch das Schwarz und das Weiß und ihr Zusammenspiel besitzen in der Zeit nach 1915 für Beckmann eine andere Bedeutung. Öffnen sie dialektische Möglichkeiten für farbige Synthesen?

Die Beziehung zwischen Soziogenese und der Entwicklungsgeschichte eines Künstlers ist entweder durch Vor-, Gleich- oder Nachzeitigkeit geprägt. Wenn der Künstler seiner Zeit voraus ist, dann ist er ein Visionär, ein Prophet oder gehört zu einer „Avantgarde“. Man kann seiner Zeit aber eigentlich gar nicht voraus sein, außer in der Logik(für die Logik nicht-logisch) durch die Ethik und die Erotik. Durch die Ethik legt man die Grundlagen für die Zukunft. In Folge der Erotik werden empfindungsfähige Nachfahren gezeugt, ohne die es keine Zukunft gibt. Nun ist die Erotik ein bekanntes Element in vielen von Beckmanns Bildern. Als ein Katalysator für das Empfangen von Eindrücken aus der Zukunft? Als ein Katalysator für oder ohne Zukunft? Etwas, was er sich bis 1915 noch nicht so getraut hatte. Das Bild „Christus und die Sünderin“ ist für den Wechsel in der Motivzuwendung vielleicht ein interessantes Werk.

Nun gibt es nur eine Logik, aber so viele Ethiken wie empfindungsfähige Menschen. Und die Erotik weist über die individuellen Dispositive hinaus. In ein Reich des Gemeinsamen des Verschiedenen, nach dem Beckmann eine Sehnsucht empfand. Ein Derlingauer in New York. Ein Mann mit einem starken Kinn, der einen Plan hat und ihn verfolgt. Immer eine Kinnlänge sich selber voraus. Der die Kippe zwischen den Fingern in seinen Selbstporträts als die Krücke braucht, auf der er sich mit seiner Kunst durch die Welt bewegt. Das Bild als Mobilitätsvehikel in einer Welt, die er in ihrem Hin und Her, in ihrem Gewesen-Sein nicht kontrollieren konnte und in ihrem Geworden-Sein nicht kontrollieren wollte. Wenn Picasso sein Konkurrent war, den er nicht besiegen konnte, war dann Nolde sein Verbündeter im Übergang von einem Kampf zum nächsten? Nolde ist ein wenig älter als er. Seine Einstellung zu ihm würde mich interessieren. Wahrscheinlich war Nolde ihm in seinem Habitus zu wenig „weltmännisch“.

In der Logik der Soziogenese gibt es immer drei Phasen, die wieder in drei Phasen unterteilt werden können und so fort. In der Soziogenese nur ein Ganzes, gibt es in der konkreten Ethik, dem Leben eines Menschen diese Fraktale für sich selber stehend in so großer Zahl wie das „Gute“ ohne das Böse. Ein Bild könnte so ein für sich selbst stehendes Fraktal sein. Der Künstler ist ein Schöpfer, was Kunstwerke angeht. Er erschafft kein Leben, aber er kann sozusagen Abdrücke in den Leben von Anderen hinterlassen. Wenn der Zusammenbruch von Beckmann durch sein Hineinbewegen in eine Konstellation, die die Möglichkeiten seiner Kunst als Verdrängungsinstrument überschreiten musste, provoziert war, dann liege ich vielleicht mit dem Postulieren von zwei Beckmanns nicht ganz richtig.

Der Übergang von der ersten Phase zur zweiten Phase ist bei Beckmann die christliche Passion wie auch bei der Soziogenese beim Übergang von der segmentären Phase zur funktionalen Phase. In der Geschichte wirklich, bei Beckmann in den Bildern mit eigenen Hinzufügungen. Ab 1932 malte Beckmann auch Triptychen, also zusammenhängende Bilder mit einem Mittelteil und zwei äußeren rechts und links. Ich glaube, dass es noch einen dritten Beckmann gibt, der sein eigenes Schaffen zu reflektieren begann. Das Triptychon würde dann eine Form bereitstellen, dieses durch Bezüge zwischen Bildern, in quasi-erzählender Weise zu bewerkstelligen.

Die einfachste Differenz ist die Einteilung des Differenten selber in ein Innen, ein Dazwischen und ein Außen. Kann man die drei Phasen des Künstlers Beckmann als 1. ein Innen des Außen(Darstellung), 2. ein Dazwischen des Dazwischen(Verarbeitung) und 3. ein Außen des Innen (Transformation in etwas Anderes) festhalten? Oder ist es doch nur 1. ein Innen (ich selbst in der Welt), 2. ein Dazwischen (ich in Bewegung) und 3. ein Außen (die Welt ohne mich)? In der zweiten Phase kommt das Ganze des gesamten dreiphasigen Prozesses in den Blick und kann analysiert werden.

In der zweiten Phase müsste der Künstler Beckmann das Dazwischen selbst bildlich gestaltet haben. Und tatsächlich habe ich das Gefühl, das in den Bildern zu sehen. Z.B. in dem „Selbstbildnis mit Sektglas“: der berauschte Beckmann blickt leicht derangiert mit verzogenem Mundwinkel am Betrachter vorbei und im Hintergrund ist das Gesicht eines Mannes einfacher, schemenhafter und nichtpropotionengerecht dargestellt, wie es also der Berauschte in „wager“ Erinnerung behalten haben könnte. Beckmann stellt also nicht nur sich selber dar, sondern im Bild auch seine zum Gesichtsausdruck passende Wahrnehmung zu dem Zeitpunkt in der Vergangenheit. Und der Sekt (oder der Champagner) perlt aus dem Glas.

Auf dem Bild (wie das andere auch auf der deutschen wikipedia-Seite über Beckmann) „Stillleben mit Fernrohr“ sind die vier Blumensträuße unterschiedlich genau dargestellt. Ein Fernrohr ist dafür da, Entferntes genauer sehen zu können, nah zu holen. Ein Okular kann abgedeckt werden, eine Tür zugeschlossen und man kann mit einem Fächer sein eigenes Gesicht verbergen, seinen Blick, sein Interesse, etc. . Das Dazwischen wird zum Thema gemacht. Der Betrachter ist durch den Maler selber im Bild anwesend.

Dass Beckmann das Technisch-Ästhetische dem Thematischen hintanstellte, wird auch durch die Verwendung von Symbolen deutlich. Oft zeichnet er sehr auffällig in seiner Zeit nach 1932 einfach Einaugen ins Bild. Fische und Vögel können auch symbolisch gedeutet werden: in seinem Element sein (müssen)(und alle Fische im Gleichen) bzw. frei das (unsichtbare Element) zum Fliegen oder zum Singen nutzen (egal was die Anderen davon halten). Und so es ist sogar mit der weiblichen Nackheit. Regt die Phantasie an, zeigt des Lebens Fülle. Es reichen schon Andeutungen.

Andeutungen, Mehrdeutigkeiten und Undeutlichkeiten werden von Beckmann genutzt, um den Betrachtern die Möglichkeiten vorzuführen, die dem Künstler in der Gestaltung gegeben sind. Beckmann will etwas damit ausdrücken. Er kümmert sich auch um das Kleine. Die Details sind vielleicht grob gemalt, aber wenn es auf Details ankommt, dann gibt er ihnen den Raum, sich zwischen dem Anderen zu entfalten.

Die Soziogenese kann sein, was sie will. Sein Selbst ist keinen Zwängen der Zeit unterworfen. Ein Davor und Danach, gibt es das? Wenn man die Phasen von Beckmanns Schaffen so einteilt: vor 1915, von 1915 bis 1932 , und nach 1932, inwieweit verläuft der Zeitstrahl der Beckmann-Zeit zu jenem der Weltzeit oder sogar der physikalischen Zeit parallel? Die Darstellung ist grob, die Häuser sind schief. Gott hat dem Künstler ein Selbst gegeben, das er ihm gegenüber behaupten muss. Unter den Menschen fühlte sich Beckmann oft einsam. Und mit Bildern: gesellig?




Das Triptychon „Argonauten“ von Max Beckmann

13.4.2023

Das Triptychon „Argonauten“ vollendete Beckmann erst kurz vor seinem Tode. Es ist sein neuntes und letztes vollendetes Triptychon. Worum es geht, ist leicht zu ersehen. Das Thema befindet sich in dem Bild links vom Betrachter: der Maler und die Erotik, die Problematik in der Mitte: das Leben, Alter und die „Höherentwicklung des Menschen“. Jasons wesentliche Gegner waren ältere Männer und Medea konnte durch Zauberkraft verjüngen. Rechts befindet sich ein Element der Ausgangssituation und die Grundbedingung der Höherentwicklung. Der Kreis im Leben des Menschen Beckmann schließt sich erneut. Ein letztes (vollendetes) Triptychon. Die Grundfrage dieses Triptychons: wie kann man in einer Welt von so viel begehrenswerter weiblicher Nacktheit der einen treu bleiben? Malerei bedeutet Zweidimensionalität. Die sinnliche weibliche Nacktheit in den Bildern von Beckmann ist nur angedeutet. Man kann sich das Begehren also vorstellen. Aber es sind keine Fotos, die durch die Realität ein Begehren auslösen. Aber im Bild links befindet sich der Maler selbst in einer solchen Situation und man fragt sich: wie kann das der Maler? Da die ganze Pracht eines weiblichen Körpers und der Maler guckt immer hin und dann wieder auf die Leinwand. Man denkt an Kostümfilme mit antiken Stoffen zu der Zeit. Er ist als ein Michelangelo-Lookalike dargestellt. Ein Mann mit Bart. Ein Maler mit Engelsgeduld oder Mannesschuld?

Im mittleren Bild gibt es einen Verweis auf die Werkgeschichte von Beckmann selber: die an Vorbildern orientierte Darstellung von männlicher Nacktheit in den Bildern vor 1915. Der ältere Mann auf der Leiter soll nach den Aussagen von Beckmanns zweiter Frau einen Gott darstellen, der der Jugend den Weg weist. Bei den Griechen gab es nur einen obersten, aber nicht den einen Gott. Ich werde hier stattdessen bei dieser Figur von Gott(Schöpfergott) sprechen, um dem mythischen Gewaber zu entgehen und die Gemeinsamkeiten mit dem Künstlerschöpfer im linken Bild in dialektischer Absicht noch mehr zu betonen. Und fehlen Gott Sprossen auf seiner Leiter nach oben? Wohnt er nicht im Himmel? Und wo schaut er hin? Auf das Gemächt des einen jungen Mannes wie der Maler links gebannt auf sein Bild? Oder schaut er aus reiner Erschöpfung gar nicht, sondern nimmt nur die Szenerie unbewusst in sich auf? Also der Künstler ist alt geworden. Die orphische Leier liegt am Boden, bereit, um von der Jugend gespielt zu werden. Und keine Frau weit und breit, sondern Gott schaut, wie Jungmänner im Paradies noch am Anfang stehen. Sie haben noch keine Fehler gemacht. Keine Schlange in der Nähe. Nur das Spiel der Gestirne an einem rosa Himmel.

Im Bild rechts sind junge Frauen dargestellt, die zusammen Musik machen. Beckmanns beide Ehefrauen waren auch Sängerinnen. Wie die jungen Männern unter sich sind(mit Gott als Beobachter?), so auch die jungen Frauen und sie sind es, die hier Kultur produzieren. Nicht ganz züchtig angezogen, aber doch so ziemlich. Und wer ist nicht da: kein Künstler – oder doch, denn wer malt sie? Gott befindet sich gerade bei den jungen Männern. Und auch in der Musik? Eine von diesen Frauen sollte es sein. Zwei zu verschiedenen Zeiten. Doch wenn die Nacktheit der anderen dazwischen kommt, wie wird er sie finden? Begehrte Nacktheit bedingt Verliebtheit, aber Verliebtheit bedeutet doch die Ausschließung der Anderen. Man sollte also die weibliche Nacktheit(auch und gerade die nutzlose zweidimensionale) meiden, um der einen nicht untreu zu werden. Wenn man die eine noch nicht kennt. Eigentlich braucht es ja auch nicht die gesehene Nacktheit der einen. Der männliche Körper kann sich an die Nacktheit der Frau auch ganz erinnern, ohne gesehen zu haben. Eins werden und Dunkelheit. Von der Dunkelheit (in einer Situation der inneren Bezähmbarkeit?) überwältigt werden. Damit die Sexualität selbst für die sich Liebenden ein Geheimnis, das Geheimnis bleibt.

Man ist auch wieder bei „Christus und die Sünderin“. Und wie heißt es bei Jesus: das Sündigen fängt schon in den Gedanken an. Wenn man es will, hat man es schon halb getan. Aber wo kann das Züchtigen beginnen? In dem psychischen Ausschließen der Möglichkeit, dass die anderen, in die man „nur“ durch Nacktheit verliebt wäre, die Herrschaft der einen gefährden, an der die eigene Seele baumelt. Man kann nur durch eigenes Zutun sündigen.

Zu Beckmann könnte ich noch viel schreiben. Ein ganzes Buch. Doch Beckmann war nur ein Künstler. Deshalb werde ich das jetzt erst einmal lassen.

P.S. : eine Inspiration für den Mittelteil des Triptychons soll die Angst vor der Ausweitung des Koreakonfliks gewesen sein; die Gesichtszüge des rechten jungen Manns im Mittelteil wirken denn auch asiatisch, obwohl er blond ist; Beckmann war selber von dem „mandschurischen“ Flair des Mittelbildes angetan: „Mittelbild wächst dicht an der Mandschurischen Grenze, also — das ist schön“; von Weltanschauungen hielt Beckmann nach einem anderen Zitat auch nicht viel; er wollte die Welt lieber anschauen; also ich sehe den Koreakonflikt nicht in dem Bild und schon gar nicht in dem Bedeutungsreigen der Bilder von Links nach Rechts oder von Rechts nach Links; gegen einengende politische Deutungen seiner Bilder wehrte sich Beckmann auch oft; wo wäre die Kriegsgefahr in dem Bild links?; das Schwert der wehrhaften Amazone hat wohl eine andere Bedeutung; und in dem Bild rechts erkenne ich auch keine Kriegsgefahr; wie viele erkennen sie in dem Mittelbild?; Beckmann war schon alt und Triptychen sind schon ziemlich anspruchsvoll und das linke Bild war zuerst als ein selbständiges Bild unter dem Titel „Der Maler und sein Modell“ geplant; das Triptychon sollte zuerst „Die Künstler“ heißen; wie viel Konsistenz kann man verlangen?; was steckt in der reinen Substanz des Bildes?; ich hatte ja oben schon mit der Figur des alten Mannes im Mittelbild Probleme; so spricht das Werk dann besser für sich selbst; muss es dann wohl; eingesperrt in das Gefängnis der offengelassenen Bedeutungen, der Unterdetermination der Interpretation oder entlassen in die Freiheit der Interpretation

P.P.S. : nach der vielleicht bekanntesten Deutung soll der linke junge Mann des Mittelbildes Orpheus sein und der rechte Jason und der Gott Glaukos, der vorher ein Fischer, Erbauer und Steuermann der Argo war und später aufgrund von KRÄUTERGENUSS ins Meer sprang und von Okeanos und Thetys in eine Meeresgottheit verwandelt wurde; er soll an der Mündung des Rhyndakos Orpheus und Jason ihr Schicksal verkündet haben




Ein B uch über B ilder von B eckmann

20.4.2023

Also ein Buch über Bilder von Max Beckmann würde sich bestimmt lohnen. Ein neues von mir. Die Begrenztheiten von vielen Beckmann-Rezeptionen sind mir bekannt. Ja, es ist ja nur Kunst. Und Beckmann wollte schon, dass man seine Bilder ernst nimmt, aber er wollte den Interpretationsspielraum des Betrachters keinesfalls einengen. Wer mir 50.000 Euro für ein Buch über die Malerei von Max Beckmann bezahlt, für dessen Verlag würde ich ein ca. 300seitiges Buch in 9 Monaten schreiben – plus 3 monatiger gestalterisch-technischer Veröffentlichungsvorbereitung für den schon fertigen Text. Ich bin ein Soziologe, der auch in der Kunstsoziologie und Kunstgeschichte einige Kompetenz besitzt. Aber es würde natürlich etwas Eigenes werden. In direkter Auseinandersetzung mit dem Werk von Beckmann. Gut, Beckmann ist über 70 Jahre tot. Aber er war ein großer Maler, auch im Vergleich mit heutigen Zeitgenossen. Viele zeitgenössische Maler zählen seine Werke zu ihren Inspirationen und auf dem Kunstmarkt – na , davon wollen wir gar nicht reden. Ich könnte dieses Buch auch in zwei Jahren schreiben. Dann könnte ich mich noch mehr Anderem widmen. Ich könnte auch 600 Seiten in vier Jahren schreiben(100.000 Euro). Ich könnte dafür auch einen neuen Verlag gründen.

Die Triptychen für sich wären schon sehr interessant(erste Annäherungen):

1. „Die Abfahrt“: über das Zurücklassen(links)- das Hinüberretten (Mitte) – die Anpassung an das Neue(rechts) (Systemwechsel in Deutschland, Ortswechsel von Beckmann; Gesellschaftliches und Autobiographisches werden verwoben)

2. „Versuchung des Heiligen Antonius“: die Eigenleistung in der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Geschichte und der Reiz zur Eroberung(links) – das Andere, das unter den Nazis diskriminiert wurde(z.B. Judentum, Homosexualität) und das Beckmann auf eigene (christliche?) Weise ins Bild setzt(Mitte) – der Exzess und seine Opportunitätskosten(rechts)

3. „Die Akrobaten“: die Verrenkungen und Verschlingungen in Wahrnehmung, Beziehung und Bewegung und ihre Balancierung(links) – der Mythos des Sisyphos, die Bedingungen für die Künstler, die nicht-alltäglichen Potentiale und die Kriegsgefahr(Mitte) – Andeutungen der Unrechtmäßigkeit und Machtlosigkeit(rechts)

4. „Perseus“: die „Zusammengewürfeltheit“ der Welt in der Nicht-Politik, z.B. in der Gastronomie, der Kultur und dem Journalismus(links) – die Dezision und Entscheidungsfreude in der Politik, die auch Ungleiches gleich behandeln würde; aus der Figur im Bild 3r ist der „2. Weltkrieg“ geworden(Mitte) – die deutsche Gesellschaft ist selbstauferlegten Zwängen unterworfen, währenddessen Gebiete fremder Völker gewaltsam unterworfen werden(rechts)

5. „Schauspieler“: der Autor mit seinen Einflüssen, Hintergründen und eigenen (christlichen?) Ansprüchen(links) – die Theaterprobe mit der Erprobung der ganzen dramatischen Möglichkeiten, inkl. angedeutetem Sex und gespielter Gewalt, währenddessen ein Krieg von Deutschland gegen die Welt stattfindet, in dem auch viele deutsche Soldaten ihr Leben lassen(Mitte) – kurz vor dem Auftritt; die Bekannten und Fans sind da; das Orchester stimmt sich ein und die Hauptdarstellerin begutachtet sich angesichts idealer Ewigkeit ein letztes Mal; ohne sie findet die Aufführung nicht statt(rechts)

6. „Karneval“: der Umgang mit der eigenen, fremden, gegenseitigen Erregung zwischen den Geschlechtern; das erotische Sich-Anbahnen(links) – die Zwei haben sich gefunden und sich entschlossen, zusammenzubleiben(Mitte) – die Frau gehört zum Mann und kann ihm vertrauen(rechts)

7. „Blinde Kuh“: die Frau weiß, von wem sie gefunden werden will und alle reden auf sie ein, sind neidisch auf ihr „Glück“(?)(links) – metaphorisch wird das Drehen beim Blinde Kuh – Spielen dargestellt; eine Zwischenzone aus Lärm, durch die hindurch sich der „Findende“ erst einmal orientieren muss; zwei finden das blöd(Spieler aus einem vorherigen Spiel oder dezidierte Nicht- Blinde Kuh-Spieler?)(Mitte) – der „Suchende“ und seine Verbündeten; er kann das Spiel nur gewinnen, wenn die Gefundene keinen neuen finden will; ist die Hoffnung begründet oder wird sich Skepsis bewahrheiten?(rechts)

8. „Der Anfang“: in Deutschland entsteht etwas Neues und der Maler schaut auf sein Leben zurück; die mythischen Urquellen der Gedankenwelten und die moralischen Urquellen der Gefühlswelten sind vielleicht nicht so ganz verschieden(links) – ein Kind wie Max Beckmann erobert auf dem Spielpferd die Welt, umgeben von Bezugspersonen(aus der Vergangenheit von Max Beckmann?) plus Seifenblasen wie aus einem anderen Beckmann-Bild(Mitte) – die Welt hat gelernt, weil der Charakter schon da und durch Bildung noch weiter formbar ist?; die Menschen glauben an ihre Ordnung, weil die Jugend sie neu gestalten wird, ohne ihren Lehrern untreu werden zu müssen(rechts)

9. „Argonauten“(habe ich schon drüber geschrieben): eine erotisch-kreative „Geschäfts“-Beziehung(links) – Jungmänner schauen unvoreingenommen in die Zukunft; alles ist möglich(Mitte) – die zu den Männern passenden Frauen üben sich in Kultur(rechts)




Der Maler als Ideologe

20.5.2023

Beckmann hat seine Malideologie klar kommuniziert. Für ihn gab es eine Hierarchie: zuerst kommt die Form, dann das Licht und zuletzt die Farbe. Und dann hatte er auch noch klare Vorstellungen von seiner Konkurrenz: ich für Deutschland, Braque für Frankreich und Picasso für Spanien. Beckmann zog nach Paris, um es mit Picasso aufzunehmen. Ziemlich hybrid mag man meinen. Paris war das Territorium von Picasso. Picasso und Beckmann hatten beide Verträge mit jüdischen Kunsthändlern: Beckmann mit Israel Ber Neumann und Picasso mit Paul Rosenberg. So einfach haben es sich also beide gemacht! Diese jüdischen Kunsthändler verschafften beiden Künstlern jeweils ihre finanziellen Absicherungen, damit sich diese auf ihre Kunst konzentrieren konnten. Beckmann hatte noch einen anderen Verbündeten, der auch in kreativer Hinsicht für ihn bedeutsam war. Ein Verleger: Reinhard Piper.

Nun für ein Beckmann-Buch hätte ich gerne Geld. Beckmann im System der Kunst seiner Zeit/Zeiten würde ein sehr ausführliches (kunstsoziologisches) Kapitel erhalten. Für mich gibt es auch eine Hierarchie der Werke dieser drei Künstler. Die Werke von Beckmann sind für mich wichtiger als die von Braque und diejenigen von Braque wichtiger als die von Picasso. Aber ich kann die Künstler auch getrennt von ihren Werken betrachten. Und in dieser Hinsicht stellt Picasso eine Ausnahmefigur dar, die ich in anderen Texten noch näher beleuchten werde. Nun spielt Braque nach seiner Kopfverletzung im ersten Weltkrieg etwas außer Konkurrenz. Er war zwar auch noch danach kreativ und schuf beachtliche Werke. Aber außer seiner bedeutsamen Materialfixiertheit, seiner besonders intensiven Aufmerksamkeit für das Material des Schaffensprozesses und seiner Kumpanei mit Picasso vor dem ersten Weltkrieg muss man bei Braque bedenken, dass er seine künstlerischen Ambitionen vielleicht nicht in der gleichen Weise verwirklichen konnte. Anders als Beckmann und Picasso.

Mir fällt es nicht besonders schwer, die Ideologie von Beckmann mit den Herangehensweisen von Braque und Picasso zu vergleichen. Gibt es jene Hierarchie auch bei Picasso? Sicherlich nicht. Form und Farbe sind bei ihm viel mehr verbunden. Und Braque steht irgendwo dazwischen. Nun liegt es mir am Herzen, theoretische Sachverhalte in reiner Form und klarer Begrifflichkeit auszudrücken. Und die deutsche Sprache liefert mir dafür die Mittel. Also muss ich zuerst deutsche Wörter finden. „Form“ ist kein vom Lautaufbau her deutsches Wort(aus dem Lateinischen entlehnt). Es geht ja auch nicht elementar nur um die einzelne Form, sondern auch um die ganze Komposition und die räumlichen Zusammenhänge der Formen. Die Komposition oder der zeichnerische (Vor-)Entwurf ist erst fertig, wenn das Bild in Bewegung ist. Und ein Tuch, das in Bewegung ist, nennt man im Deutschen „Fahne“. „Fahne“ soll auch ursprünglich Tuch bedeutet haben. Und „Fahne“ wäre das Dritte zu Falte (Licht und Schatten, Hell und Dunkel) und Farbe. Und so hätte ich dann meine drei Begriffe: Fahne(Komposition und Zusammenhängen der äußeren Formen), Falte(Hell und Dunkel- Kontraste und – Abstufungen) und die Farbe.

Beckmann, Braque und Picasso sollte man diesbezüglich ordnen können. Das werde ich aber auch noch anhand einzelner Werke veranschaulichen müssen. Wobei ich bei Braque wegen des genannten Grundes vielleicht ein paar Schwierigkeiten zu überwinden hätte. Braque ist auch von den begrifflichen Zusammenhängen nicht so einfach einzuordnen.

Beckmann: Hierarchie von 1. Fahne(„Form“) 2. Falte(„Licht“) 3. Farbe

Braque: verbundene (kommunizierte) Sequenz von 1. Fahne 2. sowohl Fahne→Falte als auch Falte→ Farbe 3. Farbe (also 1. und 3. sind auch in 2. enthalten, durch 2. in besonderer Weise miteinander verbunden)

Picasso: ein Zyklus von (1.) Fahne (2.) Falte (3.) Farbe (4.) Fahne (5.) Falte (6.) Farbe (7.) Fahne usf.

Nun machten alle drei Maler verschiedene Phasen durch und man müsste auch erst einmal Künstler und Werk/Werke voneinander trennen und die Werke bezüglich der realisierten Malideologie analysieren. Wie gesagt bei Braque am Schwierigsten.

(Das war ein Karton. Äh, nee, ein Beitrag zur Kunstsoziologie der Moderne.)




Picasso überwinden!(I)

20.5.2023

Picassos Kunst ist mehr wert als diese erste Auseinandersetzung mit ihr. Ich fange aber gerne polemisch an. Ich werde mich in weiteren Texten dann ernsthafter mit seiner Kunst beschäftigen. Ich glaube, dass das gestattet ist, denn das Frivole und sogar das Obszöne sind zwei Kategorien, an denen man bei der Beschäftigung mit seiner Kunst nicht ganz vorbeikommt. Was bedeutet dagegen schon „polemisch“? Wenn man vier Schritte geht, geht man vielleicht einen Schritt zu weit.

Die Reihe von Picassos Lebenspartnerinnen liest sich länger als die von Max Beckmann. Beckmann war zwei Mal verheiratet. Picasso auch. Aber das lag an dem Eherecht. Erst nachdem Olga Khokhlova gestorben war, konnte er die 45 Jahre jüngere Jacqueline Roque heiraten, mit der er keine Kinder mehr hatte und die sich später mit nicht einmal sechzig Jahren die Kugel gab.

Nun, was haben seine Lebenspartnerinnen mit seiner Kunst zu tun? Diese Frage ganz global wäre erst einmal aufzuschieben. Seine blaue Periode war mit dem Tod seines impotenten, an unerfüllter Verliebtheit gestorbenen Freundes verbunden. Seine rosa Periode dann mit seiner eigenen Verliebtheit. Seine vielen abstrakten Frauenporträts, bei denen die Nasen aussehen wie sie in Wirklichkeit nicht aussehen und zumindest ein Auge nicht da liegt, wo es wirklich im Gesicht liegt, sind bekannt. Warum? Bei Beckmann sind die Frauen zumeist einfach, aber eigentlich immer ansehnlich dargestellt. So, dass die Fantasie weiterarbeiten kann.

Wer außer ein Neidhammel kann schon etwas gegen Picasso haben? Aber natürlich muss Kritik die Frage nach dem Wert von Kunst beantworten. Und wie sieht es mit der Kunst von Picasso aus? Besteht seine Leistung lediglich darin, ein selbstbewusster Teil der Kunst-Maschine der Moderne zu sein? Also nicht einer, der sich durch den Ruhm zerstören lässt, wie Kurt Cobain, sondern der den Massen immer mehr gibt, von dem, was sie wollen. Wenn auch gefiltert durch Medien und Kritik. Auch seine späteren Sachen(vielleicht nicht die ganz späten) haben durchaus etwas zu der zeitgenössischen Kunst hinzuzufügen: z.B. die späten Assemblagen.

Was war das Problem von Picasso? Hatte er nur (lösbare) künstlerische Probleme? Er sah das Bild „Le bonheur de vivre“ von Matisse und stellte richtigerweise fest, dass ihm etwas an Rhythmus fehlt. Also malte er sein vielbeachtetes Werk „Les Demoiselles d’Avignon“. Statt vielleicht „Fauvismus“ eine Vorbereitung auf den vielleicht „Kubismus“. Nackte Prostituierte. Frauen ohne Lachen. Aber kompositorisch „rhythmisiert“. Die Figur vom Betrachter aus rechts gesehen erinnert an das nackte Mädchen aus der Beckmannschen Großen Sterbeszene. Bei Beckmann keine Prostituierte, sondern ein trauerndes Familienmitglied. In Picassos Entwürfen zu dem Bild ist die Ähnlichkeit sogar noch stärker. Zu ungefähr der gleichen Zeit entstanden(das von Beckmann früher). Gab es ein gemeinsames Vorbild? Ein Früh- oder eher „Vorwerk“ des Kubismus. Picasso ließ Matisse keine Zeit. Er lässt auch dem Betrachter keine Zeit. Matisse konnte sich weiterentwickeln.

Picasso war durch die Möglichkeiten der wirklichkeitsgetreuen Abbildung durch die Fotografie geschockt. Nun war die Meisterschaft der Malerei hierfür nicht mehr gefragt. Wo wäre dann der Mehrwert der Malerei? Wie bringt Picasso zuerst das Subjektive herein? Durch Farben: Blau und Rosa. Die Farben stehen für bestimmte Gefühle. Dann sind es riesenhafte Formen. Dann Gesichter zwischen Profil- und Frontalansicht. Als ob Picasso nicht warten kann, bis das Modell sich dreht. Oder der Betrachter sich das Bild ansieht.

Man kann also feststellen, dass sogenannte Inventionen von Picasso auf „Reaktionen“ beruhen. In gewisser Weise war Picasso sowohl auf Matisse als auch auf die technischen Möglichkeiten der Fotografie bezogen ein Reaktionär und holte gerade die Moderne so in seine Bilder hinein, dass sie sich in ihr wiedererkennen konnte.

Polemisch könnte man bei vielen Original-Picasso-Bildern fragen, ob ihr Besitz nicht eine Bestrafung darstellt, wenn den Betrachter ein Unbehagen an der Kultur überfällt. Würde nicht der größte Genuss darin bestehen, das Bild zu zerstören? Eine Geburt einer weiteren (alten) Kunstrichtung. Und ist nicht gerade die Reproduktion von Kunst durch Fotografie, etc. eine Form der Zerstörung, sogar der dauerhaften Zerstörung? Ein dauerhafter Genuss. Ist das nicht gerade die „Gerechtigkeit nach Picasso“: Bestrafung der Millionäre durch die Originale und Belohnung der Besitzer von Reproduktionen? Ich empfand jedes ausgestellte Original-Picasso-Bild auratisch als etwas Nacktes, das Scham auslöst.

Ich würde mir niemals einen Original-Picasso zulegen, selbst wenn ich ein kunstinteressierter Milliardär wäre. Ich habe nicht einmal Geld, um mir gute Reproduktionen an die Wand zu hängen. Aber wenn ich es hätte, würde ich damit „experimentieren“, der dauerhaften Zerstörung durch Reproduktion in einem speziellen Fall beiwohnen. Es also nicht selber zerstören, sondern seiner Zerstörung durch seine Reproduzierung beiwohnen. Was im Kopf „Leben“ ist, ist dort „Tod“? Der Spiegel und nicht das Spiegelbild. Die große Sterbeszene bei jeder Gelegenheit ihrer Betrachtung!!! Beckmann wusste genau, wann er einem Konkurrenten überlegen ist. Er musste nur seine Bilder ansehen.

Ich glaube, man muss alle spanischen Maler „überwinden“. Inkl. Velázquez und sogar Goya. Nicht nur Picasso. Und nicht etwa, weil sie so schlechte Maler wären. Sondern weil die Überwindung das Wesen ihrer Kunst ist. Genauso wie man alle französischen Denker vergessen können muss. Weil: „essen wie Gott in Frankreich“ ist nur ein Synonym für „Vergessen“. Zunge und Gaumen treten in Kontakt mit den Gedärmen und das Gehirn wird zum Zuschauer. Baudrillard vergessen und Picasso überwinden! Sartre kenne ich gar nicht!




Zwei Picasso-Bilder

21.5.2023

Ich habe ein Picasso-Buch mit Reproduktionen von Picasso-Bildern. Ich habe es mir nicht selbst zugelegt. Aber ich besitze es. Picasso hat ja so viel gemalt und modelliert. Man kann das natürlich ordnen. Aber ich weiß nicht, ob Picasso so wichtig ist. So wichtig für mich ist. Also bleibe ich erst einmal bei diesem einen Buch: „Adieu Picasso“ von David Douglas Duncan. Es ist graphisch ganz ansprechend gestaltet, sowohl wegen der Fotografien als auch wegen der Gemälde. Gelesen habe ich noch gar nicht groß. Der reine Gemälde-Teil(mit Zeichnungen) geht von S. 110 bis S. 195 plus S. 197. Es sind also nicht allzuviele Gemälde versammelt und es fehlen auch wichtige Phasen.

Nun wenn ich eine erste Auswahl treffen müsste zwischen den Bildern, die ich ästhetisch am Anregendsten oder am Ansprechendsten finde, dann wären das:

A. „Katze und Vogel“ auf S. 167 . Öl auf Leinwand. 81 x 100 cm. Am 22.4.1939 fertiggstellt.

B. „Ritter und Pagen mit Mönch“(oder „Ritter Page und Mönch“) auf S. 175 . Öl auf Leinwand. 54 x 65 cm. Am 24.2.1951 fertiggestellt.

Was zeigt nun diese Auswahl?

1. Picasso-Bilder einzeln für sich betrachtet sind überhaupt nicht so komplex. Erst in einer Zusammenstellung geht ein Fokus verloren. Und wann sind sie tiefsinnig? Und wie tiefsinnig?

2. Meine Auswahl geht in Richtung „europäisch puriarchalisch“. Also nicht patriarchalisch, sondern puriarchalisch: es herrschen nicht die Väter, sondern die Söhne (und Töchter?), die Jungen/Knaben. Wie tiefsinnig kann dann ein Gemälde auch sein? Picasso ist hierfür ein supergutes Beispiel. Er löste seinen Vater, der ein ähnliches Metier ausübte, früh in der Vorherrschaft ab. Der Vater übergab ihm symbolisch sein eigenes Werkzeug! Viel exemplarischer geht es kaum.

Bild A könnte auch von einem Kind gemalt worden sein und Bild B für einen Jungen/Knaben.

An dem Bild A überzeugen die Reinheit der Form, die Ordnung des Verbindenden und Trennenden und die farblichen/nicht-farblichen Reizpunkte(das rote Fleisch des Vogels im Gegensatz zum Blau, das Weiße im Gegensatz zum Schwarzen). Wenig wird dargestellt, aber das direkt.

Bild B wiederum ist vorwiegend symbolisch geordnet. Die Buchstaben sind schon bekannt, aber noch in keiner Ordnung. Der Lehrer war noch nicht da. Die Rollen sind schon bekannt: Ritter, Page und Mönch. Sie erfüllen ihre Funktion. Aber das „wie“ ist nur durch Schwarz, Weiß, Grau zackig in der Gestalt des Ritters auf seinem Pferd in der Mitte angeordnet. „Gut und Böse“ im Guten repräsentiert. Wehrhaftigkeit in Formen dynamisch. Die Rot-Schwarz-Kombi ist den Trikots der Pagen vorbehalten und der Mönch in weißer Kutte hat die Augen andächtig geschlossen.

Velázquez lieferte für mehrere Phasen von Picasso formale Voraussetzungen. So auch für Bild B. Velázquez war ein Maler, an dem sich Picasso ein Leben lang orientierte!

Ich hatte ja meine Bewertungsmaßstäbe „Fülle“, „Dichte“ und „Schwebe“. Diese hatte ich aber schon vor langer Zeit „entwickelt“ und so grob würde ich sagen, dass die „Fülle“ nicht so groß ist und die „Dichte“ ihre Grenzen hat. Die höchste Punktzahl würde es wohl in der „Schwebe“ geben.

Also so ungefähr:

A Fülle 5 von 10; Dichte 4 von 10; Schwebe 7 von 10.

B Fülle 6 von 10 ; Dichte 4 von 10 ; Schwebe 6 von 10.

Also ungefähr gleich gut.

Beide Bilder würde ich mir durchaus als Reproduktionen in Originalgröße an die Wand hängen, aber damit nicht unbedingt den besten Geschmack beweisen. Nur als temporäre Experimente. Weil sonst zu langweilig. Aber ganz schlimm finde ich, wenn irgendwelche bescheuerten Kunsttheoretiker das Wort „Abgefrühstückt“ für Erzeugnisse vergangenen Geistes verwenden, ohne selber Ähnliches auch nur versucht zu haben. Ich kann mich erinnern.

Auch andere Picasso-Bilder sind durchaus nicht so komplex („Guernica“: Fülle 6; Dichte 7; Schwebe 5). Meinen schon vorgestellten systematischen Grundriss werde ich noch weiterverfolgen. Ich habe noch nicht wenige weitere systematische Ansätze. Aber zu Picasso werde ich erst einmal nichts weiter veröffentlichen. Das nächste Große wäre zu Beckmann. Aber dafür brauche ich „Extra-Zeit“, die ich ohne Bezahlung nicht erübrigen kann.




Beckmann-Rezeptionen(I)

27.5.2023

Ich werde hier einige Beckmann-Rezeptionen in knapper Weise vorstellen. Zeigen, dass es sie gibt. Welche verschiedenen Ansätze es gibt und welche Fragen sie u.a. aufwerfen. Dazu werde ich nur ein bisschen Kontext liefern. Eigene Ansätze werde ich nicht dagegenstellen. Die hebe ich mir für ein Buch auf, das vielleicht nie gedruckt werden wird. Die Kunst von Beckmann liegt mir ein bisschen am Herzen. Ich würde mir sicherlich jedes Original-Bild von Beckmann an die Wand hängen. Aber ich habe sicherlich nicht die Räumlichkeiten dazu. Jedes Beckmann-Bild würde einen eigenen Raum verdienen. Der Öffentlichkeit sollten seine Bilder zugänglich gemacht werden.

Nun gibt es – und das ist natürlich gut – verschiedene Herangehensweisen an die Analyse von Beckmann-Werken. Das Werk „Max Beckmann – Studien zur Farbe im Spätwerk“ von Rita Winkelmann beschäftigt sich außer ein paar nachgesetzten Vergleichen nur mit drei Bildern von Beckmann. Bildern, die im Gesamtwerk von Beckmann nicht so sehr auffallen: „Mutter mit spielendem Kind“ von 1946, „Ruhende Frau mit Nelken“ von 1940/1942, „Quappi in Blau und Grau“ von 1944. Hier gibt es anscheinend eine Spezialistin für insbesondere den Einsatz von Farben im Werk von Beckmann, die dazu viel Text liefert. Die Farben sind mir natürlich auch wichtig. Aber ich werde mich mit ihnen eher im Zusammenhang beschäftigen. Aber schon mit Hilfe von eigenen Ansätzen.

Meine Interessen sind weit gefächert und ich habe das Buch noch gar nicht ganz gelesen. Nur ausgeliehen. Winkelmann geht das Thema von der Seite einer bestimmten akademischen Methodik her an. Vor allem mit den Farbsystematiken werde ich mich noch eingehender befassen müssen. Ich habe mir vor allem die Interpretationen und dann die Zusammenfassungen der Ergebnisse zu den drei Bildern angesehen. Die Zusammenfassungen machen zusammen nur ca. ein Dutzend Seiten aus und dort soll das Wesentliche zusammengefasst sein.

Drei Bilder aus dem Spätwerk von Beckmann wurden ausgewählt, die alle in Amsterdam entstanden sind. Drei Mal sind Frauen zu sehen: ein Mal Quappi; auch das Bild mit den Nelken wurde als ein Bild von Quappi angefangen. Nur die Mutter des Kindes ist sicher nicht Quappi. Quappi ist zu der Zeit nun auch nicht mehr ganz jung und von Kindern von Beckmann und Quappi ist nichts bekannt. Auf dem Bild von 1944 ist sie ungefähr so alt wie Beckmann, als er sich in sie verliebte. Nun argumentiert Winkelmann oft esoterisch anhand des Interesses von Beckmann an den okkulten Lehren von Frau Blavatsky. Die Bibliothek von Beckmann wurde ja schon erforscht. Er hatte sich Randnotizen gemacht, die man sich ansehen konnte. Der „Raum“ spielte für Beckmann eine besondere Rolle. Aber man muss sagen, dass er doch eher ein Maler war. Seine verbal geäußerte Philosophie ist eher lückenhaft. Auch seine Äußerungen zu anderen Künstlern sind mit Vorsicht zu genießen. Eine der interessantesten Fragen ist sicherlich: gibt es etwas, das man eher in Bildern als mit Worten ausdrücken kann. Oder nur mit Bildern?

Die Interpretationen von Winkelmann sind avanciert und gehen bezüglich der Bildelemente ins Detail(ich gebe nicht alle Farbverweise wider). Nur frage ich mich, ob sie nicht Offensichtliches übersieht. Ob sie nicht zu viel zerlegt, um es dann nur esoterisch wieder zusammenzusetzen. Das Problem bei Interpretationen ist natürlich immer, dass man eine gemeinsame Grundlage braucht. In den Zusammenfassungen zu den Bildern zählt sie ihre Interpretationsschienen nacheinander auf. Es gibt ja eine Webseite der Kaldewei-Kulturstiftung, die sich ausführlich den Beckmann-Werken widmet. Da kann man sich die Bilder ansehen(A. ist Bild Nr. 734, B. Nr. 611 und C. Nr. 673). Ihren Interpretationsschienen zu den einzelnen Bildern stellt Winkelmann immer eine Betrachtung des Bildraumes voran.

A. „Mutter mit spielendem Kind“ von 1946

Bildraum: Darstellung der Personen in einem transzendenten Raum durch Wechsel zwischen Zwei- und Dreidimensionalität und durch z.B. Fehlen des Schlagschattens bei der Mutter; „Götter werfen keinen Schatten“; Mutter und Kind wären „keine anekdotische Gruppe“

1. „Im Bannkreis der Mutter“: Archetyp der „Großen Mutter“; die schützende und nährende Mutter „gegenüber dem mürrisch protestierenden Kind“; Winkelmann will diese Interpretation nicht nur durch die Körperhaltung, sondern auch dezidiert durch eine Farbanalyse stützen

2. „Mutter Schlange“: Urarchetyp Schlange; das Schlangenhafte des Kleides der Mutter als Symbol für Erkenntnis; das Hellgelb würde den Göttinnencharakter symbolisieren

3. „Ennoias Schöpfung“: die Mutter als Ennoia und das Kind als der Träger des göttlichen Funkens, „der sich zurücksehnt zu seinem Ursprung“

B. „Ruhende Frau mit Nelken“ von 1940/1942:

Bildraum: ähnlich wie bei A.(„Götter werfen keinen Schatten“); das Transzendentale wird noch durch das Eigenlicht verstärkt, „das in den hellen Partien aus dem Bild zu strahlen scheint“

1. „Wünsche und Hoffnungen“: Farbe als „Ausdruck der Grundstimmung des Subjekts“ (Beckmann); „Dreiklang der Farben Anthrazit, Gelb und Schwarz“→ Sehnsucht nach Ausgleich, Entspannung und Erlösung

2. Quappi als „Verführerische Geliebte“

3. „Werden und Vergehen“ – Körperhaltung und Blumenstrauß auf dem Schoß sollen symbolhaft für den „ewigen Kreislauf des Lebens“ und die Fruchtbarkeit stehen

4. die violette Farbe des Gesichts- Inkarnats und ein „Simultankontrast, der den Körper der Frau in blauen Farbnuancen schimmern lässt“, würden auf eine intendierte magische Ausstrahlung des Bildes hinweisen

5. die schlangenhafte Körperhaltung verweist auf die „Bringerin der Erkenntnis“

C. „Quappi in Blau und Grau“ von 1944:

Bildraum: ähnlich wie bei A. und B.; Farben und Raum erschaffen keine realistische Darstellung; Quappi in einem transzendenten Raum

1. „Urquell des Lebens – Blühende Weiblichkeit“: Archetyp der Weiblichkeit ohne „negative Komponente“ durch Farbgebung ausgestaltet; blühende Blumen symbolisieren die Weiblichkeit

2. „Himmlische Weisheit – schöpferische Muse“: ähnlich wie 1.; nun soll die Vase „als Inbegriff des Enthaltenden“ die Darstellung von Quappi „als Quelle der Inspiration und Weisheit“ unterstützen

3. „Gegenbild seines Weltbildes – Quappi in der Aura“: durch die einhüllende Mandorla-Form und blaue Farbgebung soll Quappi ein Gegenbild zum Beckmannschen Weltbild, zum Bild der ihn sonst umgebenden Welt liefern

Wenn es nun den „transzendenten Raum“ im Schaffen von Beckmann gibt, wie verhält sich dieser zu den „Räumen“ in den Werken von z.B. Surrealisten? Geht Beckmann globaler an Raumprobleme heran? Aber es gibt auch noch tiefergehende Fragestellungen bezüglich der Beckmannschen Behandlung des Problems der Dreidimensionalität in der Zweidimensionalität.




Beckmann-Rezeptionen(II)

28.5.2023

Charles S. Kessler veröffentlichte 1970 sein Buch „ Max Beckmann’ s Triptychs“. Sein erster Aufsatz zu Beckmanns Kunst (dem Triptychon „Abfahrt“) stammt schon aus dem Jahre 1955. Das Buch von 1970 folgte einer Dissertation zu dem gleichen Thema aus dem Jahre 1966(als eine ikonographische Studie angelegt). Nach dem Buch von Reinhard Spieler über die Triptychen von Beckmann gab es 1997/1998 (außer einem Ausstellungskatalog von 1980/1981) mit Kesslers Buch überhaupt nur eine Monographie zu Beckmanns Triptychen. Viele andere Autoren befassten sich aber durchaus auch intensiv mit seinen Triptychen. Spieler schreibt: “Kessler hat jedoch nur bedingt den Komplex der Triptychen im Ganzen im Blick. Neben einer kurzen Einführung und einer „Conclusion“ besteht das Buch aus einer Aneinanderreihung von Einzelbetrachtungen zu den Triptychen“(S.43).

Warum nicht selber zusammenfügen? Wo ist das Problem? Spieler ist neben Schneede der bekannteste Beckmann-Rezipient Deutschlands und der führende Beckmann-Experte bezüglich der Triptychen. Ich finde seine Herangehensweise weder attraktiv(z.B. das Motiv-Sachregister kapitelmäßig ins Inhaltsverzeichnis zu holen) noch seine Ausführungen richtungsweisend, was das Verständnis von Beckmanns Werk angeht. Aber natürlich: wenn man lange über eine Sache forscht, dann kann man viel „Erfahrungswissen“ weitergeben. Theorien auch? Ich werde auf Spielers Beckmann-Rezeption in einem anderen Text eingehen. Was heißt „Aneinanderreihung von Einzelbetrachtungen“? Natürlich wird auch etwas bei Kessler „verwoben“ und wie das geschieht, finde ich interessant. Ich kenne den Autor Kessler(1921-2014, Professor der Kunstgeschichte) jedoch nicht genauer. Hat er überhaupt über etwas Anderes als Beckmanns Triptychen geforscht? Von einem Charles Kessler findet man noch einige Übersetzungen/Bearbeitungen. Ist dieser auch der Charles S. Kessler?

Die Verschränkung von Leben und Zeit im Werk gehört zum Verständnis von Beckmanns Kunst dazu. Das findet sich auch in Kesslers Buch. Nur findet das bei Kessler etwas Anders als bei mir bekannten deutschen Kunstkritikern/-historikern statt. Das Benutzte ist schon ähnlich: Einbeziehung von Beckmanns Tagebucheinträgen, Schriften, mythologische Verweise, Einflüsse durch andere Künstler. Aber Kessler geht nicht so skrupulös an das „Ich sehe was, was du nicht siehst“-Spiel heran. Weil er gar nicht gegen den (toten) Künstler gewinnen muss? Deutscher Kritiker/Kunsthistoriker vs. Deutschen Maler kann es hier nicht geben. Auch wenn Kessler deutscher Herkunft sein sollte, ist seine Herangehensweise doch anders. Er will nicht auf dem Werk von Beckmann neue Schichten aufbauen oder neue Etagen bauen, sondern er geht um das Haus herum. Mit den Erbauern des Hauses hat er schon gesprochen(Quellenanalyse) und weiß, was er wie besser machen könnte. Virtuelles Auseinandernehmen und Wiederzusammenbauen. Er lernt, übernimmt das, was er braucht und baut selber ein Haus. Nur sieht das ganz anders aus. Er sieht allerdings auch Anstößiges bei Beckmann oder in seinen Bildern, wo es keine Hinweise darauf gibt. Mit dem er sich identifiziert?

Und wenn er um das Haus von Beckmann herumgeht, dann sieht er die meiste Zeit nur auf die Hausmauer. Aber dann taucht ein Fenster auf und man ist überrascht über den Beitrag seiner Interpretation. Das ist natürlich auch bei anderen Autoren der Fall. Viele Verweise auf Ereignisse, Personen oder andere Kunstwerke muss man erst einmal realisieren, weil man sie gar nicht kannte oder für nicht so bedeutsam hielt. Aber bei Kessler geht das Abseitige so natürlich in das Interessante und Neue über, dass man sich denkt: warum sollte man mit Kunst auch anders umgehen? Die Kunst wählt sich ihr Thema doch auch frei. Warum nicht einen Drachen steigen lassen und von oben auf die Welt gucken? Nicht mit Drohnen, sondern durch das geistige Auge. Ich nehme mir auch von Kessler, was ich brauche. Ich nehme seine eigene Sichtweise wahr. Durch seine Arbeit verändert sich mein Bild der Triptychen von Beckmann jedoch nicht. Aber ich kann auch das Licht vor und hinter dem Bild sein. Und sogar das Auge neben dem Bild(Picasso?). Und wenn das Sonnenlicht von dem Fensterglas reflektiert wird, dann ist das für den, der die meiste Zeit auf Mauern gestarrt hat, fast wie …. .

P.S.: Da ich noch kein Buch von Göpel über Beckmann gelesen habe, sondern nur das auf der Kaldewei-Seite oder zitiert in anderen Werken, weiß ich nicht, wie viel Originäres von Kessler noch übrigbleibt, da Kessler viel von Göpel übernimmt. Nur ein paar aufmerksam wahrgenommene Bilddetails? Oder noch nicht einmal die?




Beckmann-Rezeptionen(III)

28.5.2023

Das soll erst einmal der letzte Text in der Reihe „Beckmann-Rezeptionen“ sein. Einfach keine Zeit. Ich suche mir dafür auch nur ein kurzes Kapitel aus der „Monographie“ von Spieler über die Triptychen von Beckmann aus. Ernsthafte Auseinandersetzung braucht Zeit. Man muss ja verdeutlichen, wo der Haken bei bestimmten Ansichten über Kunst ist. Mit dem Buch insgesamt und seinem Wert für die Beckmann-Rezeption müsste ich mich also dann später ernsthaft auseinandersetzen. Hier nur ein Vorgeschmack.

Es geht um das Kapitel “Bellboy“ von S. 100 bis S. 103. Im Grunde schreibt Spieler nicht viel Falsches, wenn es um Unwichtigeres geht. Was im Hotel ein Page ist, das wissen wir auch so. Spieler umschreibt diese Rolle und Angrenzendes. Er spricht von „Lakai“. Mit dem Wort Lakai verbindet man aber auch noch mehr. Man assoziiert Unselbständigkeit, Verfügbarkeit und Willenlosigkeit. So etwas spricht Spieler auch an. Lakaien können schnell zu Feinden werden, wenn die Interessen, denen sie dienen, eigenen im Wege stehen. Spieler erwähnt zwar die Aspekte, aber trennt sie nicht genug bezüglich ihrer Herrschaftsseite. Er geht also nicht kritisch genug vor.

Dann ein Satz, bei dem die Schleier fallen. Es geht Spieler um den offensichtlichen Zeitbezug, der durch den Bellboy auf der Leinwand hergestellt werden soll: „doch ist die Lakaienfigur zweifellos das wichtigste Mittel, die Triptychen jeweils auf die historische Gegenwart zu beziehen“(S.102). Spieler hat also nicht nachgedacht. Wie kann das sein, wenn die Figur des „Bellboy“ sich doch weniger verändert als die Zeit, in der man lebt? Beckmann übernachtete viel in Hotels. Ist das der geschichtliche Gegenwartsbezug? Seit wann gibt es Hotels und livrierte Diener? Wie lange sind die Zeiträume der historischen Epochen bei Spieler?

Es stimmt auch durchaus nicht oder entspricht einer oberflächlichen Wahrnehmung, dass Pagen nur wegen ihrer untergeordneten „Lakaien“(?)-Position keine Persönlichkeit hätten. Z.B. bei „Blinde Kuh“, da will der Bellboy dem Suchenden Mut einflößen. „Grand“! Vergiss nicht, du bist der Beste! Auch wenn darin eine Narzissmus-Kritik versteckt sein sollte. Denn wie soll der Suchende das Schild lesen? Seine Augen sind ihm verbunden. In „Karneval“ kann man die Solidarität des „Bellboy“ erkennen. Die Sexualität von sich Liebenden ist etwas Gutes. Das „Bellgirl“(?) aus „Akrobaten“ ist nur eine Eisverkäuferin beim Zirkus. Sie ist durchaus auch weiblich und schaut kritisch auf den als Krieger Kostümierten. Mit etwas ist sie nicht einverstanden.

Eine Ausnahme stellt sicher der Bellboy im rechten Bild von „Versuchung“ dar. Er ist – atypisch für seine untergeordnete Position – ziemlich groß dargestellt. Hier liegt eine komplexe Struktur vor, die gesondert untersucht werden müsste. Auch in Beziehung zu den anderen beiden Bildern des Triptychons. Die Uniform dieses Bellboy scheint für Spieler dagegen schon für Beherrschung zu stehen. Die Uniformen der Pagen sind nicht so verschieden. Obwohl die Farbwahl im Bild nicht zufällig ist. Wirkliches Verstehen erfordert mehr als nur bloße Beschreibung und Verweisen auf Aspekte. Und hat eigentlich niemals ein Ende!




Moderne Malerei?

17.6.2023

Durch Beckmann bin ich wieder ein bisschen auf den Geschmack gekommen, was Malerei im Generellen angeht. Musik und Film sind eigentlich meine Hauptkunstmedien. Eine Frage, die mich dabei beschäftigt – auch und gerade soziologisch: warum haben die großen Weichenstellungen in der Modernen Malerei zwischen der Mitte des 19.Jahrhunderts und der Mitte des 20.Jahrhunderts stattgefunden? Eine Antwort könnte tatsächlich sein: aufgrund technischer Innovationen. Fotografie und Film. Wenn die Farbfotografie um 1900 schon verbreitet gewesen wäre, hätte es dann auch die blaue und rosa Periode von Picasso gegeben?

Und was kam noch Neues nach dem 2. Weltkrieg? Als in vielen Haushalten schon der Fernseher Einzug gehalten hatte. Warhol? Uuh. Francis Bacon? Ja, der wollte interessant sein. Gerhard Richter? Hmm, Sonic Youth – Cover. Schablone, noch weitere Verzerrung und Flimmern. Es gibt natürlich noch mehr. Z.B. Duchampmäßiges von Beuys und Hirst(was keiner braucht und jeder besser kann?; ich kenne einen Fettfleck, der macht euer Fett weg!). Aber auch etwas, wo man sich hineinsteigern kann und das die Wirkung von der besten Musik, die man kennt, noch steigern kann? In das Werk von so vielen Malern zwischen den 1870ern und 1940ern kann man sich hineinsteigern. Dann hört es für mich so ziemlich auf. Ein Grund könnte besagter sein. Fernseher und Stereoanlage haben Einzug ins Private gehalten. Man muss dann warten, bis die Magie im Moment passiert. Dafür wurden Bands gegründet und Konzerte veranstaltet. Alles war vorher war, wäre doch nur Theorie. Ein Konzert kann viel mehr geben. In der Theorie. Warum nicht einen Berg hinaufsteigen, sagte sich Luis Trenker. Warum nicht die Schönsten aus meiner Row Zero für meine Suck-Box rekrutieren? Hat Schönheit nicht mehr verdient? Mehr als eine Suck-Box? Mehr als eine Row Zero? Ob mehr als einen T.L., das müssen die Frauen allerdings selber wissen. Jede Nacht mit der gleichen geht wohl nicht!?

Bei Moderner Malerei denkt man natürlich nicht nur an einen Bogen vom Impressionismus zum Expressionismus. Aber ich glaube, da steckt schon viel Wahrheit drin. Dada und Surrealismus könnte man auch irgendwie da unterbringen. Und was wurde nach dem 2.Weltkrieg gemacht, wofür Künstler mit ihren Werken vor dem 2. Weltkrieg nicht stilmäßig Urheberschaft für sich beanspruchen? Vielleicht haben es Künstler nach dem 2. Weltkrieg nur besser gemacht??

Die moderne Kunst konnte erst beginnen, nachdem es die Kunst als ein selbstreferentielles System schon gegeben hat. Und das perfektionierte sich zwischen Christi Geburt und der Aufklärung. Also was Kunst sein kann, auf das war schon beim „Übergang zur Aufklärung“ zugreifbar. Geradezu eine Voraussetzung für „Aufklärung“. Deshalb sind für mich auch gerade „alte Meister“ interessant. Z.B. Pieter Bruegel d.Ä., etc. . Auch und gerade als Soziologe. Aber auch „das Geheimnis“ in den Werken von Paul Klee(falls es eines gibt). Paul Klee und Paul Cézanne zusammen zu behandeln, besitzt einen besonderen Reiz. Ähnliche Menschen mit ähnlichem Beruf und gleichem Vornamen. Genauso wie William Turner und Caspar David Friedrich. Oder die „Dadaisten“ Hans Arp, Kurt Schwitters und Hugo Ball mit ihren verschiedenen Ausdrucksmitteln. Gleicher Startpunkt, verschiedene Wege? Auch Max Ernst und Salvador Dali. Totale Verschiedenheit bei partieller Identität? Und warum haben so viele „moderne Künstler“ ein „K“ im Namen? Weil es der ünstlerK Beckmann so wollte. Friedrich der Große und die „AufKlärung“.

Zum Selbermalen fehlen mir leider die Geldmittel. Ideen zur Verbindung von Figurativem und Abstraktem hätte ich schon. Diese Vermittlungen zwischen diesen Vermittlungen !!!!!?

(Max Ernst mag ich aber eigentlich nicht so; man höre sich den gleichnamigen Song von Mission of Burma an:

„…
In the TURTLE’s head I blacked out fast.
In the city halls always it laughed.
HA HA HA HA HA HA
Dada

Gaga


Dada

…“;

[ich setze für „blacked“ „Chüdd“ ein]

hat es Dada wirklich gegeben?; war Punk schon vorbei, bevor er begann?; nein; ja)