ZZ
30.8.2021
Popmusikalisch sozialisiert wurde ich vor allen Dingen in den 70er und 80er Jahren. Von 1977 Elvis bis 1989 Diverses. Ich schrieb darüber. Natürlich hört das nie ganz auf. Man kann immer noch Neues entdecken. Der klassischen Musik bin ich in letzter Zeit aber mehr zugeneigt, weil die musikalischen Formen dort reiner und klarer sind. Das Feld für die musikalische Ästhetik ist sozusagen dort schon durch eine höhere Autorität klar abgegrenzt. Und wenn die Melodien noch gut sind, dann mag ich das.
Ich habe mich lange für Popmusik und ihre Geschichte interessiert. Aber es gibt Wissenslücken. Und vieles in der Popmusik ist auch nicht so wichtig. Man vergisst auch wieder. Nun gibt es ja Youtube und da kann man sich wirklich genug ansehen. Aber es fehlt eine Hierarchie der Empfehlungen mit kritischer Autorität. Also ich höre dort vor allem nur Klassik! Und ich bin froh über die Auswahl.
Nun habe ich aber ein paar Popmusik-Wissenslücken oder auch Einiges vergessen. Da ist dann arte immer ganz nett. Weil sich in der arte-Mediathek machmal ganz informative Künstler- und Banddokumentationen finden. Zuletzt sah ich welche über Ozzy Osbourne und ZZ Top. Als ich mit Ozzy Osbournes damals aktueller Musik das erste Mal in Kontakt kam, war das schon nicht mehr mein Fall. Eine obskure Type, die nicht zu einem Vorbild taugt. Das war so ca. 1981/1982. Die Musik von Black Sabbath schien mir eher Musik für ältere Teenager oder Erwachsene, die schon ihre ersten Enttäuschungen hinter sich haben, ihre Illusionen schon ganz oder teilweise verloren haben. Das war bei mir zu der Zeit noch nicht der Fall.
Ach Scheiße. Diese Doku über Ozzy Osbourne und seine „neun Leben“ gibt es gar nicht mehr in der arte-Mediathek. Ich habe sie dort vor einer Woche abgerufen. Und einiges Interessantes war dabei. Aber die Instinkte eines Jugendlichen stimmen oft. Über seine Zeit bei Black Sabbath bin ich mir noch etwas im Unklaren. Aber ein großer Künstler war er eher nicht. Er lebt ja noch. Und Black Sabbath als die Band, an der man als Hörer von härterer Musik nichts auszusetzen haben darf, finde ich immer noch dubios. Tony Iommi als Sohn italienischer Einwanderer übertrug die italienische Leidenschaft für das Dunkle einfach auf die populäre Musik. Na gut. Alles sehr einfach und schlicht und nicht sehr weit tragend. Mit Black Sabbath bin ich aber noch nicht ganz fertig. Aber die Ausgangselemente sind so stumpfsinnig, dass ich eine weitere „Auseinandersetzung“ mit ihrer Musik erst einmal aufschiebe.
Die Doku über ZZ Top’s Bandgeschichte „ZZ Top – That Little Ol‘ Band From Texas“ ist auch etwas interessanter. Auch wenn ZZ Top nicht so viel Independent-Underground-Credibility besitzen wie Black Sabbath. Ich war ja auch nie ein Anhänger des Underground, sondern eher des Overground. Wir sehen einander. ZZ Top waren eine Band, mit der ich schon zu der Zeit, als ich anfing, stetig Radio zu hören (1981), gut klar kam. Halt so normaler erdiger Rock. Dass das alles nicht so selbstverständlich ist und auch erst einmal erarbeitet werden will, kann man sich in dieser Doku ansehen. Ich hatte vergessen, wer sich hinter den Bärten verbirgt. Der Bassist starb ja erst vor einem Monat. Ich fand auch die Phasen der Band interessant. Es baut auf Blues auf. Geht dann Richtung Hard-Rock. Dann werden die Formen nach einer Pause und nachdem sich Billy Gibbons Inspirationen In Europa und u.a. bei Punk holte, ungezwungener und aufgeladener und dann landet man mit Eliminator als eigene Marke beim Mainstream. Jeder auf der Welt weiß dann: ach ZZ Top. Mittelharte Popmusik als global bekannte Marke. Und handwerklich nicht die schlechteste Qualität. Man kann schon mitgehen.
Billy Gibbons ist von der Kreativität her natürlich die interessanteste Persönlichkeit der Band. Seine Verbindung zum Sixties-Underground hatte ich vergessen. Von der „Worldwide Texas Tour“ hatte ich glaube ich noch nichts vorher gehört. Schon verrückt. Irgendwie blöd. So anachronistisch wie Texas? Insgesamt kann ich sagen, dass eine Band, die mindestens drei Phasen durchmacht, die Sinn machen, schon in meinen Kanon der Popmusik gehört, auch wenn sie nicht die abgefahrenste, experimentierfreudigste Musik macht. Warum? Weil man sie noch in tausend Jahren hören kann. Popmusik muss Spaß machen. Den nicht ganz ernstgemeinten ZZ Top-„Mythos“ kennt ja jeder. Aber dass der Manager diesen in Anlehnung an den Elvis-Mythos durch Interview-Verzicht, etc. bewusst wachsen ließ, war mir auch neu. Und die Geschichte mit dem Konzert für den einen Fan – das erinnert mich an etwas. Das ist Rock. L’art pour l’art. Gewissermaßen.
P.S.: Als Black Sabbath-Ausgangssong könnte man immer wieder „Sweet Leaf“ nehmen. Ein Song, bei dem wirklich viel stimmt. Nur der Inhalt des Textes nicht. Aber selbst zum Hören dieses Songs muss ich mich etwas zwingen. Warum weiß ich selber nicht genau. Es handelt sich wohl um eine „Fressen oder Gefressen werden“-Situation. Um eine kosmische Gegnerschaft zwischen der Sendung(dem Äußeren) und dem Aufnehmenden(dem Inneren). Entweder der Song benutzt mich oder ich benutze den Song. Aber warum sollte man sich dieser Alternative überhaupt stellen? Irgendetwas in mir fragt sich: brauche ich das? Rechtfertigt die Riff-Raffinesse meine Aufmerksamkeit wirklich? Wenn der Song mich benutzt, benutze ich den Song. Entweder ich oder der Kosmos! Das wird es wohl sein. Aber die Raffinesse kann ich auch selber in meinem Kopf abspulen. Sind also alle Sendungen schon längst angekommen?
P.P.S.(31.8.2021): ich kenne von Black Sabbath nur drei Songs, die ich von der Musik her wirklich mag(in der Reihenfolge meiner Gunst) : 1. „Sweet Leaf“ 2. „Black Sabbath“ 3. „Sabbath Bloody Sabbath“ . Nur der erste ist originell genug, um einen Einfluss auf mich zu haben. Nr. 2 mag ich wegen der konzentrierten Stimmung und Nr. 3 wegen der Entgegensetzung von Vorpreschen(Betroffenheit?) und Heiterkeit. Der Song „War Pigs“ wird zwar während seiner Laufzeit immer besser, aber enthält zuviel Störendes. Bei der Band Black Sabbath mag ich die Guitarre von Iommi und die Drums von Ward. Das Talent von Iommi kann ich nicht bezweifeln. Die Drums von Ward erfüllen eine Funktion. Was soll man aber z.B. dazu sagen, wenn der talentierte Guitarrist den behenden Drummer anzündet? Insgesamt mag ich Black Sabbath als Band nicht. Vor allem wegen der Attitüde. Es macht immer Spaß, „heilige Kühe“ zu schlachten. „Fressen …
Doku-Reihen in Mediatheken(1)
1.10.2023
Gestern gab es die letzte Chance, sich die von Iggy Pop mitproduzierte vierteilige Dokureihe „True Story of Punk“ in der ZDF(info)- Mediathek noch einmal anzusehen. Ich hatte irgendwann angefangen, dann aber gleich wieder aufgehört. „Punk“, nicht schon wieder! Es war/ist mir zu nahe. Und bedeutet zu wenig? Die ursprüngliche Bedeutung von „Punk“ (aus Amerika) soll sein: ein junger männlicher Häftling bietet sich dem als „Lustknaben“ an, der ihm Schutz gewährt. Er lässt sich also im Knast missbrauchen, um zu überleben(?). „Wehret den Anfängen!“ ist besser!! Also mit seiner Sexualität muss man aufpassen, wenn man sich der Punkbewegung anschließt. Schutz bot die „Punk“-Bewegung? Mit fortschreitender Entwicklung? Wer hat es verstanden? Je mehr sich der „Punk“-Bewegung anschlossen, desto selbstverständlicher wurde der Begriff. Vor den Anfang zurückkommen.
Es ist vorteilhaft, sich alle vier Teile hintereinander chronologisch in der richtigen Reihenfolge anzusehen(auch wenn die Dokureihe natürlich kein vollständiges Bild liefern kann; den vierten Teil habe ich gestern nicht geschafft). Genauso wie die vier Teile der sehenswerten Dokureihe„Amsterdam, London, New York – Geschichte dreier Weltstädte“ in der arte-Mediathek, in der zwar viele überzogene Einschätzungen geäußert werden, aber die Entwicklungslinien sind faszinierend. Was lag vor New York und es fing in Antwerpen an, mit einer Entscheidung von Phillip II. . Spanier, Holländer, Engländer, New York. Zum Verständnis der Weltstadt New York, die ja auch in der Punk-Doku eine wichtige Rolle spielt, aufschlussreich.
Diesen Text veröffentliche ich angemessen erst, nachdem diese Dokureihe aus der ZDF-Mediathek gelöscht worden ist, denn Punk war vorbei, bevor er begann. Iggy Pop entsprang einer Hippie-Comic-Fantasy. Die Sex Pistols, The Damned und The Clash hatten Mode-Manager und Hardcore war dann der Widerstand gegen den Ausverkauf, ein Reflexionsmodus (mit Reentry?). Bad Brain mit der Legitimität für nur ein halbes Jahr. Nach dem Aufstieg folgt der Abstieg. Nach der Erschöpfung muss die Erholung folgen. Der Ausstieg aus dem Ausstieg: nie wieder Punk!? Abstrakt in Licht verwandelt. Das war der Sinn von Musik in Lichtgeschwindigkeit. In-format-ion? Wenn sich dann alles wieder zusammenschiebt, wird es „Materie“.
Die Sex Pistols und auch PIL mag ich nicht. Aber ich habe immer die Ehrlichkeit von John Lydon geschätzt. In der Kindheit verlor er seine Erinnerungen und erlangte sie erst nach mehreren Jahren wieder. Das war Punk.
Doku-Reihen in Mediatheken(2)
28.10.2023
Die Ken Burns -Doku über die Roosevelts(eine Neu-Amsterdamer/New Yorker Familie) gibt es noch bis morgen bei arte zu sehen. Der deutsche Titel „Eine amerikanische Saga“ ist Quatsch. „An Intimate History“ trifft es besser. Ich bin gerade bei dem Aufstieg von F.D.R. nach T. R. ´s Tod angekommen. Bis jetzt schon eine interessante Geschichte, da mir die US-Politik des frühen 20. Jahrhunderts nicht so geläufig ist. Die Krankengeschichte von F.D.R. und die Beleuchtung der Karriere seiner Frau interessieren mich aber nicht so besonders. Die zweite Hälfte scheint nicht so wichtig. Obwohl wichtig? Vielleicht eher lesen!! Ken Burns verwendet viel Originalmaterial. Das ist gut. Geschrieben ist die Serie von Geoffrey Ward, der oft selber vor der Kamera erzählt. Mir gefällt der sentimentale Touch von Ken Burns´ Dokus nicht. Ward heult sogar manchmal fast. Einige Äußerungen halte ich für schlicht falsch. Die Geschichte der USA ist nicht so einfach. T.R. hat nur sieben Jahre regiert(als Präsident). Seine Herangehensweise an die „Herrschaft“ fand ich am Interessantesten. Z.B. sein Verhalten gegenüber der Northern Securities Company. Besonders sind bei mir zwei Zitate hängengeblieben. Sein westafrikanisches Sprichwort: sanft reden mit der Keule in der Hand. Und: die Verfassung ist für die Menschen da und die Menschen nicht für die Verfassung. Er besaß eine bestimmte Einstellung beim Umgang mit der Wirtschaft und dem Recht. In der Serie wird er als klarer Imperialist und Expansionist bezeichnet. Er hat sich als amerikanischer Patrizier(?) für die Arbeiter eingesetzt. Das setze ich natürlich automatisch zur Situation zur Zeit in diesem „Staate“ in Bezug. Mit der deutschen Wirtschaft und noch mehr mit dem deutschem „Recht“, z.B. auch mit dem sogenannten deutschen „Verfassungsschutz“.
P.S.: Wie erwartet war die zweite Hälfte der siebenteiligen Dokuserie über die zwei Roosevelts plus Eleanor für mich nicht so interessant wie die erste. Und sentimentaler als die erste. Die Geschichte der USA ab der Weltwirtschaftskrise kenne ich ziemlich genau. Und so ein Original war FDR nicht. Er konnte Wirtschaftszahlen lesen und wusste, was die usamerikanische Wirtschaft leisten konnte. So konnte er die Potentiale der Amerikaner über einen längeren Zeitraum kanalisieren und forcieren. Die Verbindung zwischen diesem Präsidenten und den USAmerikanern war schon erstaunlich. Das Usamerikanische Volk half einem kranken Mann, es aus der Krise zu führen. Natürlich stellt es einen Reiz dar, die Regierungszeit von Hitler mit denen von FDR zu parallelisieren. In Bezug auf Reaktion und Aktion auch bezüglich der Innen-Politik. Außerdem kam der Vergleich zwischen TR und FDR zu kurz. Wenn man sich schon auf diese beiden Persönlichkeiten konzentriert, war da mehr herauszuholen. Sie waren sehr verschieden. Impulsiv der Eine, kontrolliert der Andere; etc..
Doku-Reihen in Mediatheken(3)
26.11.2023
Noch bis morgen kann man sich die vierteilige Doku-Reihe vom ZDF über Kriegsschiffe cofinanziert durch die EU ansehen(„Kriegsschiffe – Tod auf See“ von 2021). Informative Dichte kann man ihr nicht ganz absprechen. Im Grunde schon seh- und hörbar. Es gibt ja viele solcher Reihen über Krieg und Geschichte, die auf Sensation und Explosionen setzen. Hier steht schon eher die Information im Vordergrund. Die Experten sind bunt gemischt. Norman Friedman darf behaupten, dass die USA eine Stationierung von Mittelstreckenraketen auf Kuba wohl akzeptiert hätten, wenn sie nicht geheim geschehen wäre(Teil 3, 14:29). Im zweiten Teil wird die Versenkung der HMS Hood ein Jahr zurückverlegt(21.5.1940 statt 1941, Teil 2, 15:56). Nicht gemerkt. Na ja. Für Kriegsschiffe interessiere ich mich schon seit meiner frühesten Jugend. Mein Interesse wechselte dann hin zu Raumschiffen und deren Technik. Die Reihe ist schnell durchgeguckt. Viel Bekanntes wird aneinandergereiht. Es ist wie das Schippern von einem Geschichtsereignis zum nächsten. Ereignisse der Geschichte wie Meereskoordinaten. Auch Landkriegsereignisse kann man mit ihren Landkoordinaten/Orten und Jahreszahlen in eine Darstellung bringen. Der Unterschied: auf dem Land leben Menschen. Bedenklich finde ich an solchen Dokumentationen immer, dass die Informationen der gesprochenen Texte an denen der Bilder vorbeigleiten. Wie passen die Bilder zu den Texten? Sind es nur Bebilderungen von ähnlichen Situationen? Wie authentisch ist die Gesamtinformation? Die Bilder würden nichts an ihrer Wirkung verlieren, wenn man z.B. rechts unten oder oben eine Quellenangabe mit Ort und Datum der Erstellung, etc. zu den Filmausschnitten einblenden würde. Wer sich auf die Bilder konzentrieren will, wird dadurch kaum gestört. Das Nebenbei von Technik und Geschichte wird von der Reihe ganz gut vermittelt. Das Hineinspringen in die Geschichte allerdings erfolgt zu geschichtslos: wie das Hineinspringen in einen Pool oder ein Bermuda-Dreieck. Das wir dadurch etwas gemildert, dass man das Wirken von Menschen schildert(oder ihre Erfahrungen von ihnen schildern lässt), die für Entwicklungen verantwortlich waren oder mit ihnen arbeiteten. Die Behandlung von Technik verführt wohl zu Sprüngen. Weil man mit Technik selbst die Zeit überwindet? Man kann sich mit dieser Reihe vergegenwärtigen, was man schon vergessen hat. Und natürlich gibt es auch schon lange bekannte Wahrheiten über den Einsatz moderner Kriegswaffen, die bei der modernen Kriegsführung bedacht werden müssen. Eine wird in dieser Reihe genannt.
P.S.: 2.Teil, 6:10: es wird der Eindruck erweckt, als ob japanische Ingenieure die ersten Torpedobomber entwickelt hätten; waren es nicht die Short Brothers?; bei TV-Dokus hapert es oft an der Genauigkeit
P.P.S.(28.11.2023): Verfügbarkeit dieser Reihe in der ZDF-Mediathek wurde bis zum 29.12.2023 verlängert. Wie oft gab es solche Verlängerungen schon? Mir bisher unbekannt.